Zwiegestirn
Herwart Engels Lyrik und Bernhard Kölbl Aquarelle
Künstlerbuch. 56 Seiten. 2014.
Feuer
Zu bemerken, dass wir gar nicht fliegen können,
überraschte uns so sehr, dass wir
darüber sprachen.
Festzustellen, dass sich alles auf seine Weise
dennoch bewegt, führte uns zur Frage:
Worin?
Flügel, Flossen, Hufe,
elementare Fortbewegungen.
Wohin?
Wir sehn uns etwas an:
Dass es Liebe ist –
und uns.
Liebesquader
Die letzte Abendröte weicht aus deinem sinkenden Gesicht.
Ein zusammengepresstes Bündel Rosen sym- und diabolisiert
unseren Liebesquader. Zwischen uns besteht er.
Er wich aus dem Gesicht so wie die Kardinaltugend der Hoffnung,
sah den Testosteronemporkömmling Mann, denselben Mann,
vernichtete ihn, gebar ihn neu. Im Regenbogen
sitzt irgendwo das Rot, realisiert sich aus den Meldungen der Netzhaut,
bis wir sterben. Dann erwächst die abendliche Nachterwartung.
Dann erwacht der Nachtgesang.
Und alles Rot wird dann zur Wiederholung.
Bitte um Treue
I.
Versage mir nicht Stunde und Ungewissheit,
drôle d´heure,
fool´s hour,
und wüsstest du auch andere Namen
fürs sicherlich Ungewisse,
die Übereinkunft,
einen anderen Garten umzugraben,
mit Stetsons Leiche zu blühen,
mythisch zu wühlen,
Wortmaulwurf
aus alter Erde.
II.
Versage mir nicht
Zeitkeim und Zeitraum,
Zerfall und zufällige Dichte
und dürre Trauerweidezeit.
Sie kommt manchmal dürftig
aus alter Erde.
III.
Versage mir nicht vor der Entscheidung
das Unwiderrufliche.
Dick und dünn verschreitet sie,
die Abläufe steigen ihr
unter die irdene Haut
aus alter Erde.
IV.
Und versage mir nicht, Herz!
Dich schlägt die Nachtigall,
einmal betörend
einmal entblödend,
tödlich schön.